ChemieParks & Raffinerien

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Am 28.07. wandere ich von Dormagen aus nach Köln und am 30.7. gehe ich weiter nach Süden bis Wesseling. Bis ich dort die kleine Personenfähre über den Rhein erreiche, komme ich vorbei an mehreren „ChemieParks”, Raffinerien und Öllagern. Köln ist damit umzingelt. Häufig sind die Anlagen hinter Grünstreifen versteckt. Gelegentlich führt auch eine öffentliche Straße oder Bahnlinie mitten hindurch (Chempark Dormagen). Und manchmal reichen Wohngebiete unmittelbar an die Chemiestandorte heran (Wesseling). Als „Unbefugter” kommt man nirgends nahe heran, bleibt meist in einer Distanz von hundert Metern und mehr. Eindrücklich ist es dennoch – und irritierend. Jede Situation hat den Anschein einer tagtäglichen Normalität. Und in der Tat produzieren die Werke auch alltäglich. Nicht wenige Standorte existieren bereits seit etwa hundert Jahren, waren also in der Perspektive der heutigen Bevölkerung „immer schon da”. So gesehen sind sie Teil der örtlichen Geschichte, wie die Kirche im Dorf, die Tankstelle und die Autobahnauffahrt und anderes – normal. Liest man sich ein wenig ein in die Geschichte der Chemiewerke und Raffinerien, so scheint es auch „normal” zu sein, dass sich Havarien, Unfälle oder Brandkatastrophen eben irgendwann ereignen. Zwei Beispiele:

• Im März 2008 kam es auf dem Gelände der „INEOS Köln GmbH“ zu einem Großbrand, der durch eine geplatzte Pipeline verursacht wurde. Das Feuer entzündete sich am Nachmittag und konnte erst mehrere Stunden später in der Nacht mit Löschschaum erstickt werden. Der Feuerschein konnte nach Einbruch der Dunkelheit kilometerweit am Nachthimmel beobachtet werden. Nach Angaben der Feuerwehren handelte es sich um den größten Einsatz im Kölner Raum seit dem Zweiten Weltkrieg. (Wikipedia)

• Nur vier Jahre später die nächste Katastrophe:
Aus einer leckgeschlagenen, unterirdischen Leitung in der Shell-Raffinerie in Wesseling bei Köln traten rund 1,2 Millionen Liter Kerosin aus und versickerten im Boden. Ein gigantischer „See aus Flugbenzin” entstand etwa sieben Meter unter der Erdoberfläche. Der angerichtete Schaden für die Umwelt ist immens: Das Grundwasser wurde kontaminiert. Die Umweltverbände fordern Shell auf, sämtliche Leitungstrassen gegen neue auszutauschen. Denn der Großteil des Systems stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Das Rohr, aus dem die 1,2 Millionen Liter Kerosin ausliefen, wurde 1942 verlegt. „Diese uralten Leitungen sind tickende ökologische Zeitbomben”, sagt der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (Bund), Paul Kröfges. „Sie müssen
dringend gegen moderne, doppelwandige Rohre ausgetauscht werden, sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zum nächsten Unglück kommen wird.” (RP-Online; 17.11.12) Shell hingegen spricht vom Erhalt des Standortes und der Arbeitsplätze.

Es scheint mir selbst eine etwas hilflose Geste: Einmal meinen Wimpel an dem Zaun befestigen, ein Foto schießen und wieder weiter gehen. Doch das heißt deswegen noch lange nicht, dass das Beobachtete das Richtige ist. Immerhin so viel kann ich sagen: Jeder (hier nicht beschäftigte) Mensch, der diesen Anlagen mit offenen Sinnen gegenüber steht, dabei diese Geräusche hört und diese Gerüche riecht, der wird empfinden, hier ist etwas nicht zum Besten. Und normal ist das nicht.

Pforte

Wachstum

Was dampft da?

Ausbau

Auslieferung

Tanks

Alltag

Heimspiel

Verteilung

Nachschub

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Neben_Wesseling

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