Landschaft Gestern. Landschaft Morgen.
Oder: Ideen statt Bagger
Exkursion auf die Abraumhalde „Sophienhöhe“ im Rahmen der Temporären Universität Hambach
Ort der Zukunft. Das steht auf dem Ortsschild von Morschenich-Alt. Der Ort (Titelfoto), der eigentlich abgebaggert werden sollte, dessen Bewohner zu großem Teil umgesiedelt sind und der nun – nahe der Abbruchkante des Tagebaus – doch weiter existieren wird. Aber wie kann die Wiederbelebung der verlassenen Dörfer nachhaltig und sozial gerecht gestaltet werden? Es gibt kaum einen besseren Ort, um darüber nachzudenken als Morschenich-Alt. Während der Temporären Universität Hambach vom 17. bis 24. Juni suchten Bürgerinnen und Bürger vor Ort nach Antworten auf diese Fragen, unterstützt von der RWTH Aachen und der Neuland Hambach.
Mit einer Exkursion auf die Sophienhöhe – die gigantische Abraumhalde des Braunkohlentagebaus Hambach – unternahm die tu! Hambach (geführt von Bertram Weisshaar) einen Abstecher auf den Denkweg. Die Ausblicke wechselten zwischen Schönheit und Schrecken. Erkennbar wurde dabei die erstaunliche Dynamik der Natur – just auf der vom Bergbau zweihundert Meter hoch aufgeschütteten Halde.
Nachfolgend sind einige Situationen der Wanderung geschildert:
Bei der Abschlussveranstaltung der TU! Hambach wurde die Frage aufgeworfen, wer oder was bei dem anstehenden Strukturwandel der Region in die Rolle des „game changer“ eintreten könnte, also die Frage nach einer Kraft, die „am ganz großen Rad“ zu drehen vermag. Überraschend gibt die fünfstündige Wanderung über die Sophienhöhe darauf eine erste, gleichwohl eindeutige Antwort. Die drei wichtigsten „Global Player“ in diesem Strukturwandel müssen folgende werden: Erstens die Natur. Zweitens die Natur. Und drittens die Natur. (Wobei das Klima selbstredend Teil der Natur ist.) Zu entdecken (sinnlich) und zu erkennen (denkend) wie ein zweihundert Meter hoch aufgeschütteter „Haufen“ aus steriler Erde (umgangssprachlich: „Dreck“; technisch: „Abraum“) allein mittels der ungebrochenen Kraft der Natur innerhalb weniger Jahre wieder Teil der belebten Welt wird, ist eine kaum mit Worten fassbare Erfahrung. Magic. Auf diese Kraft ist Verlass, auch bei einer Aufgabe, deren „Lösung“ zweifellos mehrere Generationen beschäftigen wird. Und die Natur gibt Zuversicht: Ein Ende der Generationen ist von hier oben nicht zu sehen, auch wenn eine solche Perspektive gerade für diesen Ort naheliegend vermutet werden könnte. Ist damit nun die rettende Formel gefunden? Ganz so einfach ist es wohl nicht. Da es nun einmal nur eine Natur gibt, so ist es auch die gleiche, die durch Dürren, Überschwemmungen, Tornados, Pandemien oder Erdbeben massenhaft Leben dahinrafft. Was wiederum aber nichts daran ändert, dass die Natur die grundlegendste Basis allen Lebens ist, sei es in einem Loch dreihundert Meter unter dem Meeresspiegel, sei es in der Vorstandsetage eines Energiekonzerns oder auf den Inseln im Rhein, die beim Jahrhundertniedrigwasser an die Oberfläche kamen.