Köln, 29.07.. Kasimir ist jetzt gerade einmal zwei Jahre alt, doch schon sind drei „Geschwister” zu der Kölner Lastenfahrrad-Familie hinzu gekommen. Die vier haben zwar unterschiedliche „Eltern“, doch eines haben sie gemeinsam: Diese Lastenräder können kostenlos genutzt werden. Warum das so ist und wie das funktioniert, erzählt mir Thorsten Merl von der Initiative Wie leben wir im Campus Garten. Zuerst zeigt er mir in diesem Gemeinschaftsgarten eine „Givebox”. Eine Gruppe von Menschen sammelt in örtlichen Geschäften „abgelaufene“ Lebensmittel. Kurz bevor diese ansonsten im Müll landen würden, gelangen die Lebensmittel zum Beispiel hier in diesen Schrank – und alle, die möchten, können sich hier kostenlos bedienen. Den Projektmitwirkenden geht es dabei schlicht darum, dass nicht mehr so viele Lebensmittel im Müll landen. Die Nachfrage wie auch die Nachlieferung sei anhaltend sehr gut. Unter anderem inspiriert von dem Film „Taste the Waste“ hat sich die Idee rasch verbreitet und innerhalb kurzer Zeit sind in vielen Städten ähnliche Giveboxes entstanden.
Doch wer oder was ist nun Kasimir? Zunächst ist dies ein Lastenfahrrad. Mit diesem lässt sich sogar ein Kühlschrank über kurze Strecken transportieren. Wer immer möchte, kann dieses kostenlos ausleihen. Über die Website www.kasimir-lastenrad.de findet man heraus, an welcher Station Kasimir aktuell zu bekommen ist. Über dieselbe Plattform sind auch die anderen drei Lastenräder buchbar. Und auch dies ist eine Idee, die bereits in mehreren Städten umgesetzt wird. Erst vor kurzem trafen mehr als fünfzehn ähnlich orientierte Initiativen aus dem deutschsprachigen Raum auf Einladung von „wielebenwir“ in Köln zusammen.
Während unserem Gespräch wird rasch deutlich, es geht der Initiative nicht „nur” um die vordergründige Frage „Wie transportieren wir Dinge in der Stadt?“ Hinter diesem konkreten und anschaulichen Anliegen liegt ein ebenfalls konkreter Versuch, der vorherrschenden Tauschlogik „Geld gegen Leistung“ eine andere Logik daneben zu stellen. Nicht an dem Mythos „freier Markt“, sondern an der Idee der „Commons“, der Gemeingüter, orientiert sich das Denken der Initiative „wielebenwir”.
Das Projekt „Stadtrampe“ folgt einem ähnlichen Anliegen. Es stellt die Frage, wie öffentlicher Grund, insbesondere Verkehrsflächen, denn eigentlich noch genutzt werden könnte – und welche Vorschriften dabei der Fantasie möglicherweise im Wege stehen. Die Stadtrampe bringt dies satirisch auf den Punkt und versucht zugleich, die Gesetzeslage subversiv zu unterlaufen: Wird ein öffentlicher Stellplatz anders genutzt als zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges (in Wirklichkeit ein Stehzeug, da es mehr herum steht, als es fährt), so ist dies ordnungswidrig. Stellt man zum Beispiel sein persönliches Sofa dort ab anstelle eines privaten Autos, so kann dies als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Anders verhält es sich, wenn man zuerst einen Anhänger auf dem Stellplatz parkt und dann das Sofa auf diesen oben drauf packt. Dann ist das anscheinend wieder ordnungskonform. Vielleicht ließe sich ja mit flachen Anhängern als vagabundierende Freiflächen die Stadt zurückerobern? Nicht, dass nun hunderte von Anhänger in der Stadt herumstehen sollen! Aber dies Projekt macht deutlich, was in unseren Straßen so gut wie nicht mehr zu sehen ist: Freiraum, wo man einfach nur sein kann.